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2007 Cervia

CERVIA 2007 Das Fest des Aeolus

On desolate sands

And seas greying with cloud, only the gulls play

Where moments before,

Aeolus´mind threw a party of colour,

Shaping winds into wonder and beautiful sounds

Roaring defiance to worlds lost and found

And air-loving shapes standing firmly their ground,

Rests now only emptiness, and playing of cloud………………..

Robert Valkenburgh im April 2001

 

Der Strand von Cervia hat in den letzten 27 Jahren eine ganze Reihe von Festen des Windgottes Aeolus gesehen. Immer wieder laden Claudio Capelli, seine Tochter Catharina, seine Familie und seine Freunde Drachenflieger aus der ganzen Welt ein, die letzte Woche des Aprils und das erste Maiwochenende gemeinsam zu verbringen und den Himmel über der italienischen Adria für eine temporäre Galerie der windbewegten Elemente zu nutzen.

Die Wetterbedingungen sind normalerweise so hervorragend, der Wind so gleichmäßig vom Meer, dass selbst schwierig zu fliegende Drachen oft stundenlang an den Himmel gestellt werden können, -einer neben dem anderen. Fast immer bilden sich daraus Ensembles, die Drachen und ihre Erbauer gehen eine Verbindung ein, die aus der Summe der Einzelteile etwas neues, - anderes macht, die „Cervia family“. Legendär sind die Edo Gruppen, die auf engstem Raum zusammenstehen können, die Luft wird dabei förmlich in Dutzende von Streifen geschnitten, die die Waagen an den Himmel malen. Zur „Family“ gehören aber nicht nur die eingeladenen, meist bekannten Drachenbauer, sondern alle, die am gemeinsamenFest teilnehmen, die sich und Ihre Kreativität einbringen.

 


 

 

Diese Kreativität bezieht sich aber nicht ausschließlich auf Drachen und Windspiele, das Fest von Cervia ist darüber hinaus bekannt für seine Windgärten und Installationen. Über mehrere Tage verteilt werden meist in Teamarbeit Sandskulpturen errichtet, mit bewegten Objekten aus der Natur, mit Strandgut oder recycelten Abfällen ergänzt und in der berühmten „Notte de Miraculi“ mit Kerzen und Flammen erleuchtet. Dazu klingen von der Bühne am Rand des Flugfelds die Improvisationen der „Elastic Kite Band“ die sich jedes Jahr aufs Neue nur für dieses Festival arrangiert und aus Drachenfliegern zusammengesetzt ist, - ein magisches Erlebnis für alle Sinne.
 

 

 

Einer der Meister der Windgärten ist Alexandro Guzetti, seine Fabelwesen aus einer anderen Welt sind so verblüffende Kombinationen aus Fruchthülsen, Zweigen und Halmen, dass sie Fotografen geradezu magnetisch anziehen. Würde Alexandro nur einen Euro pro Schnappschuss erhalten, wäre er nach jedem Festival um einige Tausend Euro reicher.







 

Aber auch am Himmel gibt es Objekte zu sehen, die in dieser Kombination und Vielfalt nur in Cervia zu bestaunen sind. Selbst wenn in diesem Jahr einige bekannte Designer nicht teilgenommen haben ist die Fülle der künstlerisch gestalteten Einleiner überwältigend. Es lohnt sich immer über den Strand zu laufen und die teilweise sehr kleinen und filigranen Meisterwerke aufzuspüren. Man wird dann Drachenbauer wie Michel Sollin, Therese Uguen oder Patrice Peigne kennenlernen, die in einem gemeinsamen Gespräch an Ihren Ideen teilhaben lassen und die Geheimnisse Ihrer Entwürfe und Ausführungen erläutern. Stoltz blättern Sie in Ihren Zeichenmappen und ziehen immer wieder aufs neue zauberhafte flugfähige Gebilde zwischen den Schutzdeckeln hervor. Das geht so weit, dass sogar die Artikelbezeichnungen und Bestellnummern von Klebern und Farben bereitwillig ausgetauscht werden um den Interessenten für die eigenen Projekte weiter zu helfen. Diese offene und unkomplizierte Art erlebt man in Cervia immer wieder, sie macht aus jedem Gast einen Beschenkten, der Bilder, Gespräche und neue Ideen mit nach Hause nimmt, - um im nächsten Jahr vorzustellen, was daraus geworden ist.
 

 

Allerdings geht auch an diesem Fest die Finanzierungsmisere nicht vorbei, die Sponsoren werden weniger und die Ausgaben steigen. Seit Jahren stand erstmals das MareVita mit seinem großen Saal nicht als Unterkunft für alle Gäste zur Verfügung, so dass für die gemeinsamen Abende mit erstklassigen Livebands der Strand und die Hotelbar herhalten mussten. Bleibt zu hoffen, dass dieses Drachenfest noch viele Jahre bestehen wird und Drachenflieger aus aller Welt immer in den letzten Tagen des Aprils ein großes Fest des Aeolus feiern können.

Dieser Umstand bot uns die Möglichkeit, in den Morgenstunden die touristischen Attraktionen der Metropole zu besichtigen. So statteten wir dem Falkenmarkt, dem neuen Museum für Islamische Kunst und dem Bazar „Souk“ einen Besuch ab. Deutlich wird am Souk als ein für Touristen erstellten Handelsplatz das Fehlen von alten Gebäuden. Qatar ist ein sehr junges Land, dessen Staatsgründung erst 50 Jahre zurückliegt. Somit verfügt es noch kaum über eine geschriebene oder gebaute Geschichte, wie sie für uns selbstverständlich ist. Seit 2013 regiert der junge König Scheich Taminm das Land und die Regeln und Bestimmungen des streng islamischen Landes hinsichtlich Kleidungsvorschriften, Fotografiermöglichkeiten, Verhalten in der Öffentlichkeit und Kontaktaufnahme zur Bevölkerung lockern sich. Im Jahr 2022 werden die Fußballweltmeisterschaften in der Stadt ausgetragen und im Vorfeld werden unzählige Ereignisse wie eben das Drachenfest aber auch Sportveranstaltungen aller Art veranstaltet. Natürlich will man auch den Nachbarstaten Kuwait und Vereinigte Emirate nicht nachstehen, die in den vergangenen Jahren auch schon große Drachenfeste importiert und abgehalten haben. 
 Einzelne Drachenflieger haben mit dem einsetzenden Wind schon am späten Vormittag ihre Flugobjekte an den Himmel gestellt. Aber Zuschauer waren zu dieser Zeit noch nicht unterwegs. Das änderte sich täglich am frühen Nachmittag. Tausende waren unterwegs, und am Freitag, dem islamischen Feiertag, suchten Zehntausende den Aspire Park auf, erholten sich bei einem gemeinsamen Picknick und staunten über das Drachenfest. Anfangs noch sichtlich uninteressiert, nahmen die Besucher im Laufe der Woche immer begeisterter und aufgeschlossener teil. Wir Teilnehmer waren in der Lage, auch bei schwachem Wind um 15 km/h Drachen aus unserm Portfolio zu präsentieren und den Himmel mit Drachen aller Größen, Formen und Bauarten zu füllen.Von Daniela Zitzmanns kleinen Papierdrachen im DIN A4 Format bis zu den Großdrachen des französischen Teams Awita mit 35 m Baulänge, von den Kastendrachen des Australiers Michael Alvarez bis zu den Riesenbowls des Italieners Edoardo Borgetti von den Drachenensembles des Schweizer Teams Carpe Diem bis zu den filigranen Faltedos von Anke Sauer war die ganze Bandbreite des Drachenfliegens an einer Leine abgebildet. Katherina und Claudio hatten mit ihrer Auswahl an Teilnehmern ein glückliches Händchen, sodass die Zuschauer die ganze Vielfalt an Drachenkunst erleben durften. Unglaublich und für mich zum ersten Mal so erlebt war, dass ein gemeinsames Fliegen von über 100 Drachenfliegern mit so unterschiedlichen Drachen auf einem Flugfeld von 170 Metern im Quadrat ohne weitere Feldeinteilung in einem friedlichen und harmonischen Miteinander möglich war.Jeder der Teilnehmer hätte es nun verdient im Einzelnen vorgestellt zu werden, steht er doch für einen eigenständigen Ausdruck und hat im Laufe der letzten Jahre seine unverkennbare Bildsprache mit eigenen Drachenformen und Designs entwickelt. Aber das würde den Umfang dieses Artikels bei weitem sprengen und so bleibt im folgenden nur zwei Designer vorzustellen, die den meisten Lesern von Kites&Friends noch nicht bekannt sein dürften. Der 67-jährige Michael Goddard aus England ist in Sachen Drachenbau ein spät Berufener. Vor 10 Jahren habe ich Ihn beim Drachenfest in Bristol kennengelernt. Zu dieser Zeit gab der akademisch geschulte Fotograf und Grafikdesigner seine Lehrtätigkeit an der Hochschule auf und bereist nun mit und ohne Drachen, aber immer mit seiner Frau Fran Goddard, die Welt. Seine Anfänge im Drachendesign sind in der Architekturanalyse zu finden. Aus der fotografischen Abbildung von Architektur und Architekturdetails leitet er Grafiken ab, die er dann in meisterhafter Paneeltechnik in Drachensegel umsetzt. Unter Zuhilfenahme der begrenzten Farbpalette von Drachenstoffen schafft er einen Abstraktionsgrad der seine Drachen einzigartig und unverwechselbar macht. Nach einem kurzen Ausflug in die Malerei arbeitet er in jüngster Zeit verstärkt mit der Kamera und fotografiert mit Langzeitbelichtungen Lichter und Schatten in Bewegungen und in der Nacht. Durch Nachbearbeitung am Rechner erzeugt er mit Falschfarben und Überzeichnungen eine abstrakte Form- und Farbensprache, die im Drachendesign ohne Vorbild ist und die er mit Recht als seine Eigenentwicklung bezeichnen darf. Die Umsetzung auf das Drachensegel erfolgt nun durch Sublimationsdruck auf Icarex. Seine bevorzugte Drachenform für diese Technik ist derzeit der Posterdrachen, aber ich bin sicher dass bei der Wahl der Drachenform in nächster Zeit noch Neues zu erwarten ist. Die ganze Bandbreite seines Schaffens kann auf www.idesignkites.com erkundet werden.Das krasse Gegenteil zu den genau kalkulierten und ohne Zufälle gestalteten Drachen von Michale Goddard sind die Arbeiten von Kadek dwi Amika. Ich war 2014 beim Drachenfest in Dieppe fasziniert von den handwerklichen und gestalterischen Fähigkeiten des Drachenbauers aus Bali, der im Laufe der Drachenfestwoche vor Ort im Workshopzelt einen dreidimensionalen Körperdrachen erschuf und rechtzeitig zum Designwettbewerb in die Luft brachte. Im Gespräch hier in Doha hat er mir erklärt, dass er sein gestalterisches Rüstzeug an einer Hochschule erhalten hat und seinen Lebensunterhalt als Architekt verdient. Seine Drachen haben starke regionale Bezüge hinsichtlich der Wahl der Materialien aus der Natur, er verwendet zu großen Teilen Bambus, Blätter, Palmwedel und verschiedene Papiere, um seine erstaunlichen Kreationen umzusetzen. Die Formensprache ist aber völlig frei von historischen Reminiszensen zu balinesischen Drachen und entspringt allein seiner Fantasie. Da er natürlich nicht immer die Zeit und Gelegenheit hat, am Rande des Drachenfestes zu arbeiten, hat er in seinem Hardcase einige Blätterdrachen, die so konstruiert sind, dass sie zusammengelegt und abgebunden auch eine Flugreise rund um die halbe Welt aushalten. Diese Drachen hat er dem Publikum in Qatar nun vorgestellt.   Ich finde es immer wieder faszinierend, welche unterschiedlichen Herkünfte, Ausbildungen und Lebensumstände uns Drachenfliegern vorgegeben sind und wie wir uns auf Festen rund um den Erdball treffen, um den Himmel als Ausdrucksmöglichkeit unserer Fantasie und als Galerie für die Besucher zu nutzen. Für die Einladung möchte ich mich ganz herzlich bei der Familie Capelli bedanken, für die Umsetzung, die Gastfreundschaft und Finanzierung bei den Organisatoren und Sponsoren und für die gute Laune und das freundliche Miteinander bei den Drachenfliegern aus der ganzen Welt und der Delegation aus Deutschland. Wenn es ein nächstes Festival in Doha geben sollte, bin ich gerne wieder dabei ausrichten können. Als Veranstalter und Mäzen tritt die Aspire Group aus Doha auf.
Am Abend des 5. März trafen wir nach kurzem Bustransfer vom Flughafen im Hotel Intercontinental ein, wo wir die nächsten fünf Tage über alle Maße luxuriös und bequem untergebracht waren. Als reisende Drachenflieger haben wir alle schon viele Jugendherbergen, Studentenwohnheime und Hotels der 1 und 2 Sterne Kategorie erlebt. Ein Einzelzimmer mit 40 qm, ein Outdoorpool im 46sten Stock und eine Bar im 55sten Stock war bisher noch nicht dabei, geschweige denn ein mindestens 30 Meter langes Frühstücksbuffet mit Köstlichkeiten aus der ganzen Welt. Kurz und gut: wir waren bestens versorgt und auch alle Transfers zum Flugfeld klappten hervorragend und reibungslos.
Aufgrund der Hitze - es ist Frühling und tagsüber 30 ° warm - begann das Drachenfest täglich erst nach der Mittagszeit und dauerte bis lange in die früh einsetzende Dunkelheit an.
 
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